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Generalversammlung der Bürgerschützen

GV Juli 20222Die Vorfreude war offenkundig groß: Eine Woche vor dem Schützenfest bat der Bürgerschützenverein am Samstagabend zur Generalversammlung. Viele Mitglieder folgten der Einladung und sangen sich, begleitet vom Gebrasa-Blasorchester, in der Schützenhalle auf das kommende Wochenende ein.

„Er wünscht sich seit zwei Jahren einen Nachfolger“, begrüßte Präsident Franz-Josef Ostlinning auch den noch immer amtierenden König Thomas Stratmann. Am 11. Juli dürfte der Wunsch in Erfüllung gehen. Einen Mitgliederzuwachs verkündete Frank Hoppe. Mittlerweile zählt der Bürgerschützenverein 2093 Mitglieder. „Trotz Corona ist das ein gutes Ergebnis. Aber eins ist klar: Corona hat uns richtig zugesetzt“, so Hoppe. Denn ohne Feste falle das Anwerben neuer Mitglieder ungleich schwerer. Er hoffe auf weitere Neumitglieder im Rahmen des traditionellen Straßenschmückens der Nachbarschaften. „Wir werden an alte Erfolge anknüpfen“, lobte er sogleich das Ziel 2100plus aus.

Einen Anreiz dürften die veränderten Eintrittspreise liefern. So zahlen Nicht-Mitglieder am Samstag zehn statt bisher acht Euro für den Besuch im Festzelt, am Montag zahlen die nicht dem Verein angehörenden Herren zehn statt acht Euro, Frauen haben weiterhin freien Eintritt. Der Jahresmitgliedsbeitrag bleibt indes seit Jahrzehnten stabil bei 15 Euro. All jene Vereinsmitglieder, die älter als 25 Jahre, mindestens fünf Jahre im Verein und nicht übermäßig alkoholisiert sind, dürfen am Montag um die Königswürde ringen. Beim traditionell kostenlosen Vogelschießen wird die Prämie für die Majestät jedoch von 1000 auf 1200 Euro angehoben. Damit, so Präsident Ostlinning, reagiere man auch auf generell gestiegene Preise.

Die übrigen Wettbewerbe wie das Sterneschießen (zwei Euro für fünf Schuss), das Hampelmannschießen (einmalig fünf Euro) bleiben unangetastet. Für Unmut sorgte bei einigen Versammlungsteilnehmern der angekündigte Bierpreis von zwei Euro pro Glas. „Ich hätte es auch gerne anders“, betonte Ostlinning. Die allgemeine Lage ließe sich eben nicht ändern. Abgesehen von monetären Aspekten dürfte das Fest ein voller Erfolg werden – jedenfalls, wenn es nach „Wetter-Werner“ Storck geht. Er orakelte bestes Schützenfest-Wetter bei 25 Grad. Erstaunlich milde gestimmt war nach pandemiebedingter Pause auch Oberst Manfred Fölling in seiner gewohnt launigen Analyse. Er lobte die Formationen und Musikvereine, dankte verdienten Offizieren und spornte deren Nachfolger an.

interview fjo fdVom 9. bis 11. Juli steigt in Sassenberg das Schützenfest des mitgliederstärksten Bürgerschützenvereins im Münsterland. „Die Glocke“ sprach mit dem Präsidenten Franz-Josef Ostlinning und dem Pressesprecher Frank Deitert über das erste Fest nach drei Jahren, die Inflation und Schießwettbewerbe während des Krieges in der Ukraine.

Besucher sollen das gewohnte Programm bekommen

„Die Glocke“: Herr Ostlinning, Herr Deitert, ein Blick in die Nachbarschaft zeigt: Die Schützenfeste sind nach drei Jahren Pause gut besucht. Sind Sie erleichtert?

Deitert: Wir wussten alle nicht, wohin die Reise geht. Aber die Resonanz bei allen Schützenfesten, in Füchtorf und Gröblingen beispielsweise auch, war groß. Man merkt: Die Menschen wollen feiern.

Ostlinning: Viele Feste finden auf dem Niveau von 2019 statt. Das gibt uns allen Grund, optimistisch in unser Fest zu gehen.

„Die Glocke“: Die Planungen laufen auf Hochtouren, das Fest steht kurz bevor. Haben Sie nach drei Jahren Pause etwas am Ablauf, auch während der Vorbereitung, verändert?

Ostlinning: Nein. Das Schützenfest erfinden wir nicht jedes Jahr neu. Bei 20 Leuten im Vorstand greifen die Rädchen ineinander. Das klappt hervorragend. Auch wenn wir merken, dass die Vorbereitungen intensiver sind nach so einer langen Pause. Wir erwarten aber auch ein intensiveres Schützenfest.

„Die Glocke“: Schützenvereine aus den Nachbarorten haben mit ihren Planungen auf die steigenden Kosten reagiert und beispielsweise kleinere Zelte als sonst gebucht oder auf einen DJ statt eine Band gesetzt. Gab es solche Überlegungen auch bei Ihnen?

Deitert: Wir haben uns dazu entschieden, wie jedes Jahr zu feiern: Mit einem gleichgroßen Zelt (1500 Quadratmeter, Anm. d. Red.), mit dem Kutschenkorso, der gleichen Anzahl an Musikzügen und Tanzbands mit DJ in den Pausen. Es ist wichtig, darin zu investieren. Denn damit steht und fällt ein Fest. Gerade am Samstagabend, wenn auch viele Auswärtige kommen, können wir nicht auf ein kleineres Zelt setzen.

Ostlinning: Stellen Sie sich mal vor, es regnet und wir bekommen die Leute nicht im Festzelt unter. Wir können nicht einsparen und dann erwarten, dass die Menschen trotzdem zahlreich kommen. Deswegen setzen wir auf das Altbewährte in der Hoffnung, dass sich die Menschen bei uns treffen und Spaß haben. Und dass das Wetter im Idealfall mitspielt.

Der Groll auf die Festwirte ist unberechtigt

„Die Glocke“: In den vergangenen Wochen haben Schützenvereine öffentlich Festwirte und Zeltverleiher kritisiert, die die Preise erhöht haben. Teilen Sie die Kritik?

Ostlinning: Die Preissteigerungen sind enorm. Das finden wir alle nicht schön. Auch unser Schützenfest wird teurer. Aber wir müssen es nehmen, wie es ist. Ich vergleiche es gern mit der Gastronomie: Auch dort sind beispielsweise die Bierpreise gestiegen. Es ist doch klar, dass das dann auch uns betrifft und bei unserem Fest die Bierpreise angepasst werden. Der Vergleich zur Gastronomie ist der einzige Maßstab, den ich nehme.

Deitert: Man muss es auch mal aus der Sicht der Festwirte sehen. Die müssen auch kaufmännisch denken und investieren – unter anderem in Mitarbeiter. Und: Wenn ich das Münchner Oktoberfest nehme, als das größte Volksfest überhaupt, dann fällt auf, dass die Preise dort deutlich höher steigen werden als bei uns.

Sportschießen nicht mit kriegerischem Handeln gleichsetzen

„Die Glocke“: Nicht nur die Inflation beschäftigt uns, sondern auch nach wie vor der Krieg in der Ukraine. Warum ist es Ihrer Meinung nach trotzdem legitim, gerade jetzt Feste zu feiern?

Ostlinning: Wir haben leider keinen Einfluss auf die handelnden Personen. Wir werden an die Kriegsopfer und die Menschen in der Ukraine denken. Gerade bei der Gefallenenehrung wird das intensiver passieren als sonst. Aber kein Schützenfest zu feiern, wäre falsch. Unser gesellschaftliches Leben stand zwei Jahre still. Das dürfen wir nicht vergessen.

Deitert: Ich denke, dass es gar nicht verkehrt ist, mal abzuschalten, fröhlich zu sein und sich zu treffen. Und vielleicht ist es nach so langer Zeit der Pandemie und in der jetzigen Situation, in der die weltpolitische Lage gerade zum Verzweifeln ist, auch wichtig, das normale Leben zu feiern – ohne zu vergessen, was zwei Flugstunden von uns passiert.

„Die Glocke“: Der Schützenverein Beckum-Ost verzichtet wegen des Krieges auf seine Schießwettbewerbe. Wurde ein solcher Schritt in Ihren Reihen auch diskutiert?

Deitert: Nein, bei uns ist Schießen eine Sportart, die ja sogar olympisch ist. Diese Art des Schießens mit dem anderen gleichzusetzen, wäre falsch, denn sonst verharmlost man kriegerisches Handeln. Und: Wir feiern kein Schießfest. Der Begriff Schützenverein kommt von Beschützen. Außerdem steht die Geselligkeit im Vordergrund.

Ostlinning: Wir suchen einen neuen Schützenkönig, den wir durch einen sportlichen Wettbewerb ermitteln. Und den Sieger wollen wir dann feiern.

„Schützenfest ist eins der schönsten Dinge im Leben“

„Die Glocke“: Die Planungen gehen in die finale Phase. Steigt die Vorfreude?

Ostlinning: Ja, das wird jetzt immer intensiver. Unsere Generalversammlung am 2. Juli dient noch einmal zur Einstimmung. Wir sind auch noch in Everswinkel auf dem Schützenfest zu Gast. Und dann beginnen die 80, 90 Nachbargemeinschaften ihre Straßen zu schmücken, ehe das Fest ansteht. Es ist eins der schönsten Dinge im Leben. Ein bestimmtes Highlight gibt es vom 9. bis 11. Juli nicht. Das ganze Schützenfest ist ein Highlight. Ich würde nie über dieses Wochenende in den Urlaub fahren.

„Die Glocke“: Herr Deitert, Sie feiern in diesem Jahr sogar Jubiläum. Vor 25 Jahren sind Sie König geworden.

Deitert: Und ich kann mich noch immer gut daran erinnern. Ich weiß gar nicht, wo die Zeit geblieben ist. Damals ist ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen. Ich denke gern zurück an diese Zeit, und die Begeisterung für das Schützenfest ist geblieben.